Explosionsschutz Aus der Praxis: Erdung von Big Bag vermeidet Explosionen

Von Sabine Mühlenkamp |

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Dass bei der Beladung und Entleerung von Big Bags elektrostatische Aufladung entstehen kann, ist eigentlich bekannt. Dennoch werden die Gefahren immer noch unterschätzt und daher auch wenig Schutzmaßnahmen unternommen. Anhand der Erfahrungen, die mit einer realen Explosion während der Big Bag-Entleerung gemacht wurden, folgen hier Tipps, was insbesondere bei der Erdung beachtet werden muss.

Schematische Darstellung der Unfallsituation
Schematische Darstellung der Unfallsituation
(Bild: Timm Elektronik)

In einem chemischen Betrieb sollte Kunststoffadditiv aus Big Bags Typ C in ein bodenseitiges Silo mit nachgeschalteter Pumpe entleert werden. Hierzu wurde der Big Bag mit einem metallischen Hebekreuz über den Einfülltrichter des Silos gehoben und dann durch den Bediener manuell geöffnet. Sobald der Big Bag geöffnet war, konnte das Kunststoffadditiv ungehindert in das Silo fließen. Am Einfülltrichter selbst war ein Dichtungsring angebracht, welcher Staubaustritt bestmöglich verhindern sollte.

Elektrostatische Enladung führt zur Entzündung des Staub-Luft-Gemisches

Genau diese Dichtungseinrichtung war der Auslöser einer unübersichtlichen Situation, die schließlich in einer Explosion endete. Infolge von Dichtungsproblemen und der dadurch austretenden Staubwolke rief der zuständige Bediener zwei weitere Mitarbeiter zur Hilfe. Diese versuchten nun zusammen den Staubaustritt zu minimieren – trotzdem kam es zur Explosion der bereits entstandenen Staubatmosphäre. Eine elektrostatische Entladung hatte sich am Big Bag gelöst und genügend Zündenergie freigesetzt, um das Staub-Luft-Gemisch zu entzünden. Alle drei Mitarbeiter erlitten schwerste Verletzungen und die beteiligten Firmen mussten einen Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe zahlen.

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Wie konnte es zur Funkenentladung kommen?

Der Big Bag Typ C hatte vier ableitfähige Hebeschlaufen, welche über das metallische Hebekreuz gelegt waren sowie die vorgeschriebenen Erdungslaschen seitlich am Sack. Die Arbeitsanweisung besagte zudem, dass der Big Bag vor jedem Arbeitsschritt mit dem an der Wand angebrachten Erdungskabel geerdet werden sollte, um entstehende elektrostatische Aufladungen abzuleiten. Grundsätzlich hätte der Big Bag daher an mehreren Stellen geerdet sein sollen.

Allerdings war das Hebekreuz mit einem Kunststoffseil an der Decke angebracht, welches nicht leitfähig ist und dadurch keine Erdungsverbindung herstellen konnte. Zudem wurde aufgrund der unübersichtlichen und hektischen Gesamtsituation vergessen, das Erdungskabel am Big Bag anzubringen. Dadurch war der Big Bag zu keinem Zeitpunkt geerdet und die elektrostatischen Ladungen konnten sich ansammeln, bis sie sich schließlich in einem elektrischen Funken entluden.

Wie hätte die Explosion verhindert werden können?

Zunächst einmal ist die Verbesserung der Dichtungseinrichtung im Übergang zum Silo eine Möglichkeit, eine solch unübersichtliche Situation in Zukunft zu verhindern und gleichzeitig Materialverluste zu vermeiden. Auch eine bessere Schulung der Mitarbeiter hinsichtlich der Gefahren elektrostatischer Aufladung hätte vielleicht mehr Aufmerksamkeit auf die richtige Erdung gelenkt.

Trotzdem ist festzuhalten, dass die nicht vorhandene Erdung das auslösende Moment für die Explosion war. Wäre das Erdungskabel leitfähig mit dem Big Bag verbunden gewesen, wäre es nicht zu dem Schadensfall gekommen - ohne eine zündfähige Entladung gibt es keine Explosion! Deshalb muss insbesondere an diesem Punkt angesetzt werden, um zukünftige Unfälle dieser Art zu verhindern.

Trotz der Arbeitsanweisung wurde das vorhandene Erdungskabel nicht genutzt – zum einen, weil es in der Situation vergessen wurde, zum anderen, weil keine verfahrenstechnische Notwendigkeit bestand. Die Entleerung konnte, wie beschrieben, auch ohne angeschlossenes Erdungskabel durchgeführt werden. Zudem gilt es zu beachten, dass selbst wenn das Erdungskabel angeschlossen ist, nicht automatisch der in den Normen geforderte maximale Ableitwiderstand von 10 MOhm (TRGS 727) bzw. 100 MOhm (IEC 61340-4-4) eingehalten wird. So könnte die Verbindung des Erdungskabels zum ausgewiesenen Erdungspunkt unterbrochen oder auch die Erdungslasche des Big Bags beschädigt und damit unbrauchbar sein.

Überwachte Erdungsgeräte sorgen für mehr Sicherheit

Deshalb ist es heutzutage Best Practice, überwachte Erdungsgeräte wie das Timm EKX-FIBC für die Erdung von Big Bags Typ C einzusetzen. Solche Geräte überwachen kontinuierlich die korrekte Erdung des Big Bags, also die Einhaltung der in den Normen geforderten Ableitwiderstände, und können über ihre Steuerausgänge in die Verladesteuerung eingebunden werden. So können Warn- und Freigabesignale gesendet oder auch optische Anzeigen genutzt werden. In der vorliegenden Situation wäre es beispielsweise denkbar, über oder im Einfülltrichter eine Klappe zu nutzen, welche sich erst öffnet, wenn das Erdungsgerät eine Freigabesignal sendet. So könnte immer sichergestellt sein, dass der Big Bag vor der Entleerung geerdet ist.

Objekterkennung vermeidet Fehlbedienungen

Um Fehlbedienungen und Manipulationen des Erdungsgerätes zu vermeiden, sollte es zudem mit einer Objekterkennung ausgestattet sein. Eine solche Objekterkennung, wie man sie auch von LKW-Erdungsgeräten kennt, kann unterscheiden, ob ein Big Bag angeschlossen ist oder versucht wird, durch Anklemmen der Zangen bspw. an Metallteilen der Anlage eine Dauerfreigabe zu erhalten. Dadurch gibt das Erdungsgerät nur dann eine Freigabe, wenn auch tatsächlich ein Big Bag angeschlossen ist – ein deutlicher Zuwachs an Sicherheit und gleichzeitig eine Erleichterung in der Überwachung der Arbeitsabläufe.

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Zusammenfassung: Big Bags Typ C bergen, wenn sie nicht korrekt geerdet werden, ein großes Risiko für eine Staubexplosion. Während des Verladeprozesses auftretende elektrostatische Aufladungen können sich ansammeln und in einem hochenergetischen Funken entladen, der eine Staubatmosphäre zur Explosion bringen kann.

Einfache Erdungskabel und Zangen bieten keinen ausreichenden Schutz, da deren Nutzung kaum überwacht werden kann und sie auch keine Überwachung des Erdungszustandes bieten. Überwachte Erdungsgeräte überwachen die Erdungsverbindung kontinuierlich und begrenzen durch die integrierte Objekterkennung die Gefahren von Fehlbedienung und Manipulation auf ein Minimum.

* Der Autor ist Mitarbeiter bei Timm Elektronik, Reinbek.

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