Konstruktiver Explosionsschutz Konstruktive Sicherheit kennt keinen Bestandschutz: Braucht ihre Schüttgutanlage ein Update?

Ein Gastbeitrag von Carlo Saling, Sales Executive Explosion Safety, Key Accounts D-A-CH, 
REMBE GmbH Safety+Control Lesedauer: 4 min

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Schüttgutverarbeitende Anlagen müssen alle sechs Jahre auf Herz und Nieren geprüft werden, ob die Schutzkonzepte noch aktuell sind. Warum bei einem Umbau oder Retrofit der Anlage besonders der konstruktive Explosionsschutz auf dem Prüfstand stehen sollte und worauf Sie achten sollten.

Beurteilung und Retrofit von Bestandsanlagen
Beurteilung und Retrofit von Bestandsanlagen
(Bild: Rembe)

Die Gefahr von Explosionen in Industrieanlagen nahezu aller Branchen ist ein alltäglicher Begleiter zahlreicher Anlagenbetreiber weltweit. Zum Schutz von Personen, die in explosionsgefährdeten Bereichen arbeiten, stellen die Atex-Richtlinien grundlegende Explosionsschutz-Anforderungen auf. Atex steht für ATmosphères Explosibles (explosionsfähige Atmosphären) und ist ein verbreitetes Synonym für die Explosionsschutz-Richtlinien der Europäischen Union.

Mögliche Zündquellen und deren Herkunft gem. EN 1127

Zündquellen

  • Heiße Oberflächen
  • Flammen und heiße Gase
  • Mechanisch erzeugte Funken
  • Elektrische Anlagen
  • Kathodischer Korrosionsschutz
  • Statische Elektrizität
  • Blitzschlag
  • Elektromagnetische Filter
  • Elektromagnetische Strahlung
  • Ionisierende Strahlung
  • Ultraschall
  • Adiabatische Kompression
  • Chemische Reaktionen

Herkunft

  • Geräteeigene Zündquellen
  • Von extern angesaugte/ einwirkende Zündquellen
  • Staubeigene Zündquellen

Schüttgüter sind besonders gefährlich

Besonders Branchen, in denen Schüttgüter verarbeitet werden, wie die Holz-, Pharma-, Chemie-Lebensmittel-, Futtermittel- sowie die Recyclingindustrie sind von teils verheerenden Explosionen betroffen. Die Voraussetzungen für eine Explosion: Luft-Sauerstoff, ein brennbarer Stoff (Staub) und eine wirksame Zündquelle treffen hier räumlich und zeitlich besonders häufig aufeinander.

Daher sind Anlagentypen wie Mahlanlagen, Trocknungsanlagen, Entstaubungsanlagen, Aspirationsfilter, Silos, Förderanlagen oder Strahlanlagen naturgemäß besonders anfällig für derartige Gefahren und weisen einen überdurchschnittlich häufigen Anteil an tragischen Personenschäden und betriebswirtschaftlichen Einbußen durch Produktionsausfällen in den betroffenen Unternehmen auf.

Um dieses Risiko finalorientiert zu reduzieren, sind Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutz gesetzlich vorgeschrieben – sofern explosionsfähige Atmosphären in den Anlagen vorliegen und Zündquellen nicht ausgeschlossen werden können. Ziel der Maßnahmen ist es, die Auswirkungen der Explosion auf ein unbedenkliches Maß für Personen und Anlagen zu reduzieren.

Leider genügen viele Anlagen dem in der Atex geforderten Sicherheitsstand durch vorbeugende Maßnahmen allein nicht. Der Gedanke, dass Anlagen, die bereits in Verkehr gebracht wurden, einem Bestandsschutz unterliegen, ist ein weitverbreiteter und gefährlicher Irrglaube. Gemäß der in Deutschland gesetzlich geltenden Betriebssicherheitsverordnung sind Betreiber von Anlagen dazu verpflichtet, das Schutzkonzept und deren Maßnahmen vollumfänglich mindestens alle sechs Jahre zu überprüfen und zu beurteilen sowie das Konzept in einem Explosionsschutzdokument zu dokumentieren.

Das sauerländische Unternehmen Rembe hat es sich seit 50 Jahren zur Aufgabe gemacht, kundenspezifische und langlebige Lösungen für diese Herausforderung zu entwickeln und die Anlagenbetreiber bei dem hochkomplexen Thema „konstruktiver Explosionsschutz“ fachmännisch zu unterstützen.

Erster Schritt: Kenngrößen ermitteln

Um das Risiko einer Staubexplosion in einer Anlage beurteilen zu können, müssen die Explosions-Kenngrößen des verarbeiteten Produkts bekannt sein oder ermittelt werden. Das sind z. B. die Mindestzündenergie, die Brennzahl, die Glimm- und Zündtemperatur, die untere Explosionsgrenze oder die Partikelgröße. Liegen diese Kenngrößen nicht vor, sollte mindestens eine der folgenden Maßnahmen ergriffen werden:

  • Prüfung der Staub-Kenngrößen in akkreditierten Prüflaboren mit einer repräsentativen Staubprobe oder
  • Übernahme und Einhaltung orientierender Werte aus Branchenleitfäden wie z. B. der Berufsgenossenschaften

Zweitens: Zündgefahrenbewertung

Der zweite Schritt, um Risiken einer Explosion beurteilen zu können, ist die Zündgefahrenbewertung. Hierbei werden die potenziell in der Anlage vorhandenen Zündquellen systematisch betrachtet und dahingehend analysiert, ob deren Energie ausreichen könnte, ein explosionsfähiges Staub-Luft-Gemisch des Stoffes zu entzünden. Zündquellen, deren Energiemenge größer als die Mindestzündenergie des Staub-Luft-Gemisches ist, werden als wirksame Zündquellen bezeichnet. Zudem muss der Einfluss von Temperatur, Druck und Feuchtigkeit in der Beurteilung berücksichtigt werden, da die Kennwerte unter Normalbedingungen im Labor geprüft werden.

Event-Tipp der Redaktion

Das Schüttgut-Forum findet auch 2023 wieder im Rahmen der Förderprozess-Foren statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf unserer Eventseite.

Neben den potenziellen Zündquellen gem. EN 1127 und deren Herkunft ist bei der Beurteilung zudem die Atex-Zone zu berücksichtigen. Das bedeutet: In Anlagen, in denen z. B. ständig explosionsfähige Atmosphären vorliegen (Zone 20 oder Zone 0), müssen neben Zündquellen während des Normalbetriebs auch Zündquellen beachtet werden, die bei seltenen sowie zu erwartenden Störungen auftreten können. Hierbei ist zwischen geräteeigenen Zündquellen (aus Anlage resultierend), von extern eingetragene Zündquellen (z. B. Glimmnester, Funken, elektrostatische Entladungen, Blitzschlag) und staubeigenen Zündquellen zu unterscheiden.

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Hilfe zur Um- und Nachrüstung

Ergibt die oben genannte Analyse, dass konstruktiver Explosionsschutz für eine Anlage erforderlich ist, um die Anforderungen aus der Atex-Richtlinie zu erfüllen, muss die Anlage nachgerüstet werden. Hier bietet Rembe praxisorientierte, risikogerechte Hilfestellung und Lösungswege an: Consulting, Engineering,.Products und Service.

Nach Bereitstellung relevanter Informationen, wie z.B. dem Explosionsschutzdokument, der Explosionskenngrößen der Stoffe oder Fließbilder erfolgt eine gemeinsame Begehung mit dem Betreiber der Anlage vor Ort. Hierbei werden Abmessungen, mechanische Schnittstellen zu verbundenen Anlagen und weitere relevante Parameter aufgenommen, anhand derer die Experten ein rechtssicheres Explosionsschutzkonzept erstellen. Dieses Konzept enthält anlagenspezifische Empfehlungen bestehend aus organisatorischen, vorbeugenden und konstruktiven Maßnahmen, die den Stand der Technik abbilden sowie praxisorientiert und konkret sind.

Um den Betreiber bei der Umsetzung der Maßnahmen zu unterstützen, können die Rembe–Ingenieure auf ein weltweites Netzwerk an Experten und Fachfirmen zurückgreifen, die z.B. bei Montagen und/oder Heißarbeiten, bei der Berechnung oder Prüfung der Druckstoßfestigkeit der Anlage, der Beurteilung der Statik unterstützen oder die Konformitätsbewertung der gesamten Bestandsanlage sowie die Überarbeitung des Explosionsschutzdokuments übernehmen können.

Selbstverständlich können die Experten der Advanced Services+Solutions die Inbetriebnahme sowie die wiederkehrenden Prüfungen und auch die Elektroinstallation der autonomen Schutzsysteme übernehmen. Da die Nachrüstung von Bestandsanlagen ein hohes Maß an Sorgfalt und Erfahrung erfordert sowie zahlreiche Detailvorgaben beachtet und eingehalten werden müssen, ist es für Anlagebetreiber daher von Vorteil, einen Partner wie Rembe an ihrer Seite zu wissen.  (agk)

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