Modellprädiktive Regelung Prozessleitsystem punktet mit Business Intelligence und Advanced Process Control

Von Gerd Kielburger

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Bei der Prozessführung entstehen jede Menge Daten, die sich auch für eine Regelung nutzen lassen. Allerdings scheuen viele Anwender den Einsatz von Werkzeugen wie Advanced Process Control oder Modellprädiktive Regler, da diese als aufwändig gelten – völlig zu Unrecht.

Mit neuen Modulen für Business Intelligence und Advanced Process Control punktet das Aprol-Prozessleitsystem von B&R.
Mit neuen Modulen für Business Intelligence und Advanced Process Control punktet das Aprol-Prozessleitsystem von B&R.
(Bild: B&R)

Keine Frage, die Prozessführung ist heute ungleich komplexer als noch vor einigen Jahren. Das Volumen an erfassten Daten und Datenformaten, aber auch die Heterogenität der Datenquellen steigt gewaltig an. Hatten Prozessleitsysteme vor 15 Jahren etwa 50 Gigabyte Speicherkapazität, bieten Leitsysteme mittlerer Größe mit mehreren tausend I/Os heute locker Speichervolumina von 2500 Gigabyte.

In diesem Zusammenhang stoßen herkömmliche PID-Regler an ihre Grenzen. Schon längst können komplexe Prozesse mit Modellprädiktiven Reglern (MPC) viel genauer geregelt werden, doch viele Anlagenbetreiber schrecken vor deren Einsatz zurück, da sie als arbeitsintensiv gelten. Zu Unrecht meint Martin Reichinger, Business Manager Process Automation bei B&R. Die oftmals ablehnende Haltung zahlreicher Anlagenbetreiber gegenüber Advanced Process Control (APC) und Modellprädiktiven Reglern stamme noch von den Erfahrungen der Vergangenheit. Der Grund: Für APC-Lösungen, die bereits seit Mitte der 90er Jahre vor allem bei Chemieanlagen oder Raffinerien mit vielen Regelgrößen eingesetzt wurden, waren früher eigene IT-Spezialisten und viel externe Rechenleistung notwendig.

Intelligente Regelung ohne Expertenwissen

Wichtig zu wissen: Die Modellprädiktive Regelung soll nicht nur Anwendern des Prozessleitsystems Aprol von B&R Automation offen stehen. Aprol MPC kann auch als kompakte, fertig konfigurierte Lösung inklusive eines Industrie-PC mit vorinstalliertem Prozessleitsystem und eines MPC-Blocks sowie einem Controller als gebrauchsfertige Lösung einfach in bestehende Anlagen mit beliebiger Leittechnik integriert werden. Dazu genügt es, die Ein- und Ausgänge mit einem beliebigen Feldbus zu verbinden und den MPC-Baustein zu konfigurieren. Durch die Verwendung vorgefertigter Module ist kein Expertenwissen mehr nötig.

Wettbewerbsdruck führt zu Optimierung des Energieverbrauchs

Dabei lohnt sich der Einsatz von Modellprädiktiven Reglern heute auch in weniger komplexen Prozessen. Schließlich erfordert der internationale Wettbewerbsdruck eine deutliche Verbesserung mit Blick auf Operational Excellence der Produktionsprozesse sowie bei der Optimierung des Energieverbrauchs. „Sie können Anlagen wesentlich näher an der Betriebsgrenze fahren, wenn Sie eine vorausschauende Regelung einsetzen“, verspricht Reichinger.

Mit fortgeschrittenen Regelungstechniken könnten sich Anlagenbetreiber entscheidende Vorteile verschaffen, ist sich der B&R-Spezialist sicher. Hintergrund: Ein gewöhnlicher PID-Regler reagiert ausschließlich auf Regelabweichungen, ohne das interne Verhalten der Regelstrecke zu kennen. Die Modellprädiktive Regelung hingegen basiert auf einem Prozessmodell, welches zur Optimierung der Stellgrößen im MPC-Regler verwendet wird. Damit werden die Möglichkeiten verbessert, vorhersehbare, aber noch nicht eingetretene Ereignisse zu berücksichtigen. Dazu gehören Produktionsplanungsdaten wie Sollwertänderungen und Störgrößen.

Laut Reichinger führt dies zu einer deutlichen Erhöhung der Regelgüte, besonders bei gekoppelten Mehrgrößensystemen. „Je nach Prozess ergeben sich daraus teils erhebliche Vorteile. Der Durchsatz wird höher, es werden weniger Einsatz- und Rohstoffe benötigt und bei Pneumatikanwendungen kann sogar teure Druckluft eingespart werden. Da die Regelungen stabiler laufen und weniger schwingen, wird auch der Verschleiß geringer“.

Entscheidender Vorteil sei, so der B&R-Manager, „dass der MPC-Regler so einfach wie ein normaler PID-Regler zu bedienen ist“. Modellprädiktive Regelungen können zudem mit Standard-Hardware umgesetzt werden. Die neue Process Automation Library enthalte bereits in der Basisausführung einen MPC-Regler, der eine Regel- und eine Stellgröße unter Berücksichtigung eines Störeingangs beherrschen könne. Damit können in vielen Fällen träge PID-Regler ersetzt und aufwändige Zusatzbeschaltungen eingespart werden. Da der MPC in seinem Regelverhalten auch Grenzen berücksichtigen kann, stimmt auch die errechnete Prognose. So sind mit einem Bausteinblock komplexe, mehrdimensionale Regelungen einfach und übersichtlich realisierbar.

Regeln trotz Totzeiten

Besonders hilfreich ist ein MPC-Regler auch bei Prozessen, die lange Totzeiten haben, etwa im Bergbau, wo lange Förderbänder zur Versorgung der Mahlanlagen mit Erz keine Seltenheit sind. Sollte die Fördergeschwindigkeit erst dann erhöht werden, wenn am Ende des Förderbandes mehr Material benötigt wird, dauert es lange, bis der Prozess wieder optimal läuft. Zudem können große Puffer nötig werden, damit der Prozess überhaupt weiterlaufen kann. Ein modellprädiktiver Regler, der bereits vor der Regelabweichung reagiert, kann dem entgegenwirken.

* Der Autor ist Chefredakteur/Group Publisher von PROCESS. E-Mail: gerd.kielburger@vogel.de

Voll integriert
Nachgefragt

? Herr Reichinger, wie unterscheidet sich die Business-Intelligence-Lösung für das Aprol Prozessleitsystem von BI-Lösungen anderer Automatisierungsplattformen?

Reichinger: Wir haben nicht nur eine Schnittstelle zu einer externen Lösung geschaffen, sondern die BI-Funktionen vollständig in unser Leitsystem integriert. Bedienung und Wartung sind damit wesentlich einfacher als bei vergleichbaren Prozessleitsystemen. Die Report-Funktionen stehen jedem Aprol-Nutzer zur Verfügung. Bei Bedarf können zusätzliche Komponenten für die Datenbeschaffung und komplexe Auswertungen installiert werden. Auch diese sind dann über die BI-Plattform vollständig in unserem Prozessleitsystem integriert.

? Für welche Zielgruppe werden die Daten ausgewertet?

Reichinger: Die Nutzung der Reporting-Funktionen ist nicht auf eine einzige Zielgruppe beschränkt. Die traditionelle Analyse auf Basis von Berichten mit fest vorgegebenem Inhalt wird durch eine explorative Analyse abgelöst. Bei der explorativen Analyse sind lediglich die Datenquellen festgelegt, nicht jedoch die Aufbereitung der Daten. Reports und Auswertungen können individuell zusammengestellt werden und sind jederzeit modifizierbar. Das Zusammenstellen individueller Berichte geschieht durch Drag-and-drop. So kann sich ein Manager stark zusammenfassende Kennzahlen anzeigen lassen, wohingegen ein Verfahrenstechniker detailliertere Informationen zu einem einzelnen Prozess abruft. Die Datenanzeige kann interaktiv verändert, gefiltert und sortiert werden. Für solche Berichte mussten bisher IT-Experten beauftragt werden, die mehrere Tage oder Wochen an der Umsetzung saßen. Sollten sich die Anforderungen ändern, musste wieder der Spezialist ran. Mit der BI-Lösung von Aprol ist das für jeden Anwender mit wenigen Klicks möglich. Die Berichte lassen sich sogar auf mobilen Endgeräten konfigurieren und selbstverständlich auch anzeigen. Durch serverseitige Authentifizierung sind sämtliche Daten – auch in ungesicherten Netzwerken – geschützt

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