14. Schüttgut-Forum Vom Partikel zum Produkt
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Ohne fundierte Grundlagen lassen sich viele Phänomene in der Schüttgutverarbeitung nicht verstehen. Daher begleitet das Schüttgut-Forum den Anwender nicht nur durch den gesamten Schüttgut-Prozess, sondern auch die Theorie kommt nicht zu kurz. Gleichzeitig bleibt während des Forums sehr viel Raum, diese praxisnah zu erklären und typische Situationen und Probleme im Prozessalltag zu diskutieren.

Schüttgüter lassen sich ungern in standardisierte Abläufe pressen. Und verändert man nur eine Variante, gerät der gesamte Prozess häufig ins Stocken. Um mit solchen Unwägsamkeiten umzugehen, benötigt man Erfahrung. Und wo könnte man diese besser sammeln als auf einem Forum, wo Anwender und Anlagenbauer miteinander diskutieren? Zu den Problemen und Herausforderungen in der Schüttgutindustrie läußert sich Harald Heinrici, Sachverständiger und Geschäftsführer bei Schwedes und Schulze, der das Schüttgut-Forum seit vielen Jahren inhaltlich begleitet.
PROCESS: Herr Heinrici, wer sollte das Schüttgut-Forum besuchen und warum?
Harald Heinrici: In der zweitägigen Veranstaltung wird eine gute Balance zwischen Theorie und Praxis gefunden. Die Theorie ist ganz wichtig, um Schüttgutphänomene zu verstehen. Wir kennen es alle, dass man im täglichen Betrieb einem stockenden Schüttgut mit Rütteln, Klopfen oder Schlagen auf die Sprünge helfen will. Das mag auf die Schnelle manchmal helfen, oft entstehen dadurch aber größere Probleme. Sinnvoller ist es daher, der Ursache für einen stockenden Materialfluss auf die Spur zu kommen und dann die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Allerdings benötigt man dafür fundierte theoretische Grundlagen. Auf dem Forum werden also beide Aspekte diskutiert – Theorie und Praxis. Dies geschieht im Übrigen nicht nur in den Vorträgen, sondern auch in den Diskussionen in den Pausen.
PROCESS: Welchen Branchen betrifft es besonders?
Heinrici: Eigentlich tauchen in jeder Branche Probleme auf, ob es sich nun um Lebensmittel, Futtermittel, Bauchemie, Konsumgüter oder Pharma handelt. Allerdings unterscheiden sich die Ursachen und die Auswirkungen auf den Prozess bzw. auf die eingesetzten Anlagenkomponenten und Apparate. Nehmen wir beispielsweise den Partikelabrieb, der in der pneumatischen Förderung aber auch bei der Entleerung aus dem Silo entsteht. Dieser Abrieb bedeutet im Waschmittel einen erheblichen Qualitätsverlust, weil der Verbraucher später ein Granulat erwartet. Die Partikel können aber auch ein Problem für die Umwelt darstellen, also werden Filter oder andere Abscheidevorrichtungen benötigt. Und letztendlich führt Abrieb auch immer zu einer erhöhten Staubentwicklung, sodass sich um den Explosionsschutz gekümmert werden muss.
PROCESS: Warum ist es so schwierig, diese Probleme zu lösen?
Heinrici: Manchmal sind es oft kleine Ursachen, die große Auswirkungen haben. Diese erkennt man zunächst gar nicht. Dazu gehört ein ungleichmäßiger Massenstrom, der beispielsweise den gesamten Prozess durcheinander bringt, weil direkt nach dem Silo ein Durchlaufmischer angeschlossen ist. Oder zwei scheinbar gleiche Produkte sind eben doch nicht gleich. Weizenmehle sind z.B. aus Sicht der Fließfähigkeit vollkommen unkompliziert. Hafermehle oder auch Tapioka dagegen mit ihren hohen Eiweißgehalten bringen Betreiber ganz schön ins Schwitzen. Hier müssen sie mit Zeitverfestigungen ohne Ende rechnen.
PROCESS: Gilt das für den Austrag oder für Silos?
Heinrici: Zunächst einmal darf man diese beiden Anlagenteile nicht trennen und sollte nicht nur das einzelne Silo oder nur die Austragsvorrichtung betrachten, sondern eben das Gesamtsystem. Um noch einmal auf die Unterschiede bei scheinbar gleichen Produkten zurückzukommen. Braunkohle ist z.B. viel feuchter und kohäsiver als Steinkohle. Wenn nun ein Apparatebauer aus China, der bisher nur mit der dortigen Steinkohle gearbeitet hat, ein Silo für Braunkohle mit den Parametern der Steinkohle auslegt, ergeben sich massive Probleme in Form von Anbackungen. Im Zuge des Biodiesel-Booms vor Jahren kam man auf eine ähnliche Idee. Man wollte für die Lagerung des Rapses vorhandene Weizensilos verwenden. Raps ist zwar ähnlich frei fließend wie Weizen, besitzt aber eine geringere Wandreibung und ein größeres Horizontallastverhältnis. Hier muss die Statik neu berechnet werden.
PROCESS: Müssten solche Eigenschaften nicht eigentlich bekannt sein?
Heinrici: Tatsache ist, dass die theoretischen Grundlagen im Alltag häufig zu kurz kommen. Man muss aber sein Produkt im Detail schon sehr genau kennen, wenn es fließen soll. Im Übrigen ist ein Statikgutachten, inklusive Ermittlung neuer Schüttgut-Kennwerte, in der Regel immer deutlich günstiger als die Errichtung eines neuen Silos oder gar die Folgekosten, wenn ein Silo plötzlich ausfällt.
PROCESS: Erkennen denn die Betreiber, dass sie ein Problem mit dem Silo haben?
Heinrici: Die Auswirkungen werden meist schnell erkannt, aber häufig ist eine Lösung mit hohen Kosten verbunden. Manchmal dauert es auch, bis man die Ursache erkennt. Vor allem, wenn nicht ein einzelnes Anlagenteil das Problem ist, sondern wenn die Ursache darin liegt, dass das Silo und die dazugehörigen Komponenten nicht gut aufeinander abgestimmt sind. Dazu kommt, dass das Silo selten als verfahrenstechnischer Apparat angesehen, sondern eher als logistische Komponente. In den Ablaufplänen erscheint es immer nur als Zwischenspeicher. Dies beginnt bereits in der Planung. Bei der Auslegung geht es in erster Linie darum, die geforderten Kubikmeter zu erreichen und, eine gewisse Bauhöhe nicht zu überschreiten. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass häufig die Lieferanten vom Silo und den umliegenden Apparaten verschiedene sind.
PROCESS: Wie lässt sich diese Situation verändern oder besser noch verbessern?
Heinrici: Eine erste Maßnahme ist sicherlich, dass man das Silo im Spannungsfeld der gesamten Anlage betrachtet. Und dass, wenn man über Schnittstellen spricht, die Schnittstelle nicht am Siloauslauf, sondern an der Abwurfstelle des Austragsgerätes setzt. Aus meiner Erfahrung kann ich außerdem feststellen, dass bei der Auslegung von Silos Massenfluss die entscheidende Maßnahme ist. Damit lassen sich die allermeisten Siloprobleme vermeiden. Dennoch sind aber schätzungsweise 95 Prozent aller Silos in der Praxis Kernflusssilos.
PROCESS: Auf welche weiteren Herausforderungen stoßen Sie noch in Ihrem Alltag?
Heinrici: Ein weiteres Problem vor allem aus Sicht der Qualitätssicherung sind Entmischungen im Prozess. Bei Waschmitteln erwartet jeder eine gleichmäßige Durchmischung von weißen und bunten Partikeln in der Endverpackung. Die besondere Herausforderung dabei ist, dass diese Produkte aufgrund der leichteren Handhabbarkeit sehr fließfähig sind. Eine Produkteigenschaft, die eine Entmischung forciert.
PROCESS: Was erwartet die Teilnehmer des Schüttgut-Forums am 17.-18. November 2020 in Würzburg?
Heinrici: Wir vermitteln in zwei Tagen alles, was zu einem funktionierenden Schüttgut-Prozess gehört – vom Silo und seinen Komponenten, von der Verarbeitung bis zur Logistik, von der pneumatischen Förderung bis zum Explosionsschutz. Dabei werden sowohl Referenten von der Anwender- und Herstellerseite dabei sein, die sich Zeit nehmen, um auf alle Fragen zu antworten. Und zu guter Letzt ist die Atmosphäre an einem solch historischen Ort wie der Festung Marienberg etwas ganz besonderes. Ein ganz anderer Aspekt: Im Augenblick werden wegen Corona viele Videokonferenzen gestartet. Meiner Meinung nach ersetzen sie aber keine Präsenzveranstaltung mit persönlichen Gesprächen. Das Schüttgut-Forum hat eine überschaubare Größe. Daher ist es sicher ein guter Rahmen, um über die Herausforderungen im Schüttgut-Alltag zu reden.
Herr Heinrici, vielen Dank für das Gespräch.
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