Vakuumförderung im Ex-Bereich Warum die Vakuumförderung von Schüttgütern die richtige Wahl ist

Von Dipl.-Ing. (FH) Tobias Hüser |

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Beim Betrachten der Prozesskette in der chemischen Produktion stellt sich die Frage nach einem geeigneten Transportmittel für Pulver und andere Feststoffe. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei dem Ex-Schutz gelten, da in der Branche prinzipiell mit dem Auftreten von zündfähigen Gemischen zu rechnen ist.

Mit Vakuumfördersystemen lassen sich die unterschiedlichsten Pulver und Schüttgüter transportieren.
Mit Vakuumfördersystemen lassen sich die unterschiedlichsten Pulver und Schüttgüter transportieren.
(Bild: Volkmann)

In der Farben- und Lackindustrie werden Harzgranulate und Pulver wie TiO2 und SiO2 in Reaktoren und Rührkessel eingebracht. Häufig werden in diese Behälter Lösemittel vorgelegt, sodass in dem darüber befindlichen Gasraum mit einem zündfähigen Gas-/Luftgemisch zu rechnen ist. Folglich muss auch das Feststofftransportsystem eine Ex-sichere Lösung darstellen.

Multijector-Vakuumförderer bieten hier besondere Vorteile, sind nach Atex zertifiziert und weisen eine entsprechende Baumusterprüfbescheinigung vor. Nicht nur in diesem Beispiel, sondern generell ist in der chemischen und pharmazeutischen Prozesstechnik mit dem Auftreten von zündfähigen Gemischen zu rechnen. Selbst in der Lebensmittelindustrie weisen organische Stäube häufig sehr niedrige Mindestzündenergien (MZE) auf. Generell kann es sich um zündfähige Gas-/Luftgemische (Zonen 0, 1 und 2), aber auch um Staub-/Luftgemische (Zonen 20, 21 und 22) handeln.

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Neben den Gefahren durch die prozesstechnische Peripherie ist darüber hinaus, speziell beim Schüttguthandling, die zusätzliche Gefahr durch den zu fördernden, meist staubförmigen Feststoff selbst zu beachten. Deswegen muss zunächst das in Frage kommende Transportsystem und danach der Installationsort untersucht werden.

Die sicherlich bekannteste und auch in unseren Breitengraden teilweise noch angewandte Art für die Beförderung pulvriger Roh- und Hilfsstoffe, ist der manuelle Transport von Säcken, Fässern und anderen Kleingebinden durch die Mitarbeiter in der Produktion. Hierbei ergeben sich zahlreiche Gefahren. Unter Ex-Gesichtspunkten ist besonders das manuelle, offene Befüllen und Entleeren der Gebinde problematisch.

Es sind beispielsweise bei der Klebstoffherstellung Fälle bekannt, bei denen die elektrostatischen Aufladungen, welche beim „Auskippen“ der Säcke über eine Schütte in Rührkessel auftreten, ausreichend für Explosionen waren. In einem anderen Fall versuchte ein Mitarbeiter, die zwangsläufig beim unkontrollierten Ausschütten von Gebinden auftretende Staubentwicklung und dadurch hervorgerufene Kontamination der Arbeitsumgebung zu reduzieren, indem die Arbeitsbühne um den Reaktor mit isolierender Folie ausgelegt wurde.

Das Gefahrenpotenzial durch diese elektrische Isolation der Person durch nicht ableitfähige Folie wird deutlich, wenn man bedenkt, dass selbst vornehmlich geringe Entladungen ausreichend für die Zündung der meisten brennbaren Gas-/Luftgemische und zahlreicher Pulver-/Luftgemische sind. Überschneiden sich in einem Betrieb die Zonen, d.h. treten brennbare Gasgemische gleichzeitig mit brennbaren Staubgemischen auf, spricht man von den so genannten „Hybriden Gemischen“ und die Zündgefahr erhöht sich damit zusätzlich.

Bei feinkörnigen und trockenen Pulvern ist darüber hinaus, beim nicht automatisierten Beschicken, die Explosionsgefahr durch aufgewirbelten Staub zu beachten. Zusätzlich bestehen zum Teil erhebliche Gesundheitsgefahren für das Produktionspersonal durch das Einatmen dieser Stäube. Gründe genug, ein spezielles, im geschlossenen System arbeitendes Vakuumfördersystem zu entwickeln, welches seinen Anwendern eine drastische Verbesserung in puncto Prozess- und Arbeitssicherheit bietet, und das bei vergleichsweise geringen Investitionskosten.

Prinzipiell werden in der Vakuumfördertechnik mithilfe von Vakuumpumpen Abscheide-/Empfangsbehälter evakuiert, in welche dann über eine Förderleitung der Feststoff eingesaugt wird. Ist der Saugtakt abgeschlossen, entleert der Empfangsbehälter (= Vakuumförderer) über ein im unteren Bereich installiertes Austragsorgan direkt in die zu befüllende Einheit. Die Produktaufgabe erfolgt durch Absaugung entweder manuell mit Sauglanzen oder vollautomatisch beispielsweise über Big-Bag-Entleerstationen.

Bei speziell für den Ex-Bereich ausgelegten Vakuumfördersystemen befinden sich keine rotierenden Teile im Produktstrom. Anders als bei konventionellen Förderern üblich, ist eine große mechanische Reibung mit den Handicaps Erhitzung und Zermahlung des Fördergutes bei Vakuumförderern ausgeschlossen.

Aus der Praxis

Pulvrige Feststoffe zur Klebstoffherstellung wurden beispielsweise mit einem Multijector-Vakuumförderer VS450 10 m vertikal und 40 m horizontal transportiert. Bei Schüttdichten von 0,2 bis 1,8 kg/dm3 betrug die maximale Förderleistung 4000 kg/h. Nach diesem pneumatischen Transport wurden äußerst geringe Ladungsdichten ermittelt, welche um den Faktor 55 unter den in der Literatur angegebenen kritischen Werten für die Durchschlagsfeldstärke lagen.

Ein weiteres interessantes Ergebnis dieser Untersuchungen ist auch, dass durch die Verwendung der Multijector-Technik der Abscheider nicht druckstoßfest ausgelegt sein muss. Dies birgt zusätzlich Einsparungen bei der Anschaffung des Pulvertransportsystems. Die druckfeste Bauweise wird häufig nur dann angewendet, wenn gegen einen Prozessüberdruck eingeschleust werden muss oder falls spezifische Behältervorschriften das verlangen.

In einem anderen Fall wurde zuvor palettenweise Sackware mit Gabelstaplern im Ex-Bereich transportiert und dann manuell in Rührkessel eingebracht. Neben der erhöhten Sicherheit und Sauberkeit in der Produktion konnte durch Verwendung der Multijector-Vakuumförderer die Investition drastisch reduziert werden. Jetzt erfolgt der Pulvertransport direkt vom Lager zur Produktion mittels Vakuum, auch über Distanzen von bis zu 100 m. Damit waren die teuren, Ex-zugelassenen Gabelstapler überflüssig.

Sicher und wartungsfrei

Neben der noch zu betrachtenden Elektrostatik sollten die einzelnen Baugruppen eines Vakuumförderers selbst keine Zündquelle darstellen können. Untersuchen wir dabei zunächst die zur Erzeugung der Förderluft notwendige Pumpe. Multijector-Vakuumpumpen verzichten vollständig auf elektrische Bauteile. Bei diesen kinetischen Pumpen wird das Vakuum über einen Gasstrahl, in der Regel komprimierte Luft, erzeugt, sodass kein elektrischer Anschluss nötig ist.

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Die Expansionskälte des Treibgasstrahls in dem mehrstufigen, energiesparenden Düsensystem sorgt auch bei hohen Unterdrücken und geringen Saugluftmengen (Pfropfenförderung) für eine gute Kühlung des Aggregats. Weiterhin kommen Multijectoren ohne drehende Teile, Lager und Schmierung aus. Heiße Oberflächen als Zündquelle für explosionsfähige Gemische scheiden also aus. Nebenbei ist eine nach dem Multijector-Prinzip konstruierte Pumpe auch noch wartungsfrei.

Bei Vakuumförderern für den Ex-Bereich erfolgt die Verknüpfung der druckluftbetriebenen Vakuumpumpe mit den restlichen zur Förderung nötigen Baugruppen ebenfalls rein pneumatisch. Steuerungs- und Funktionsunterstützungen wie beispielsweise Entleerklappenbetätigung, Filterabreinigung, Fluidisierungshilfen, Saug-/Entleerzeitfunktionen u.a. werden mit vom Druckluftnetz gespeist.

Folglich kann bei Multijector-Vakuumfördersystemen der Förderer selbst keine Zündquelle darstellen, da sich im System weder elektrische noch wärmegenerierende Bauteile befinden. Damit lassen sich selbst Pulver mit einer MZE (Mindestzündenergie) von nur1 mJ, wie beispielswiese Toner- oder Aluminiumpulver, sicher fördern.

Da durch die gasstrahlbetriebene, mehrstufige Vakuumpumpe nur Luft strömt (keine Produktberührung), treten am Vakuumerzeuger selbst auch keine elektrostatischen Aufladungen auf. Bezüglich der Elektrostatik müssen dafür die Bereiche Produktabsaugung, Förderleitung, Abscheidebehälter mit Filter und Produktaustrag gesondert betrachtet werden.

Modularer Baukasten

Bei der Konstruktion spezieller Abscheidebehälter für Vakuumförderer in Edelstahl-Modulbauweise wird besonders auf eine durchgehende, elektrische Leitfähigkeit geachtet. Die zahllosen Kombinationsmöglichkeiten zur optimalen Lösung der fördertechnischen Aufgabe stellen auch für den Ex-Bereich eine sichere Variante dar.

Alle Module werden bei der Montage so miteinander verbunden, dass nur ein zentraler Erdungsanschluss benötigt wird. Gegenüber einem „starren“ Behälterkonzept bestehen weiterhin die Vorteile des geringen Gewichtes, der einfachen Zerlegbarkeit, Reinigung und der größeren Flexibilität.

So können z.B. standardisierte Schleusen zur sicheren Einbringung des Fördergutes in Reaktoren einfach adaptiert werden. Die Filteraufnahme ist ebenfalls elektrisch leitfähig in den Abscheidebehälter integriert. Das Baukastenprinzip ermöglicht den Einsatz unterschiedlichster Filterwerkstoffe und -bauformen, inkl. elektrisch leitfähiger Materialien. Als Werkstoff für die Förderleitung kommt entweder Edelstahl oder ein elektrisch leitfähiger, vakuumfester Saugschlauch zum Einsatz. Bei Verwendung von Schläuchen mit Drahtspirale wird diese an beiden Enden geerdet.

Diese konstruktiven Merkmale sind allgemeingültig und sollten bei jeder Installation berücksichtigt werden. Um die zulässigen Anwendungsbereiche für Multijector-Vakuumförderer zu definieren, wurden im Rahmen der Atex-Zertifizierungen umfangreiche Tests mit den Sicherheitsinstituten durchgeführt. Damit lässt sich der Arbeitsbereich beschreiben, welcher in den Baumusterprüfbescheinigungen nachvollziehbar aufgelistet ist.

Dank der modularen Bauform und die verschiedenen anzuwendenden Atex-Zertifikate werden die im Einzelfall sehr unterschiedlichen Ex-Zonen und Stoffdaten berücksichtigt. Damit ergibt sich kaum eine Anwendung, in der ein Multijector-Vakuumförderer nicht eingesetzt werden darf.

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