Nassabscheider in der additiven Fertigung Sicheres Entfernen von reaktivem Pulver aus dem Prozess

Von Gerald Scheffels* |

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Viele Verfahren der additiven Fertigung nutzen (Metall-)Pulver als Ausgangsstoff. Das Pulver, das je nach verwendetem Werkstoff als reaktives Material vorliegt, muss nach dem Produktionsprozess aus der Anlage und auch aus der Umgebung entfernt werden. Bei dieser Aufgabe im neuen Bereich der Pulvertechnologie bewähren sich Nassabscheider.

Beim selektiven Laserschmelzen (SLM) wird Metallpulver freigesetzt, das abgesaugt werden muss.
Beim selektiven Laserschmelzen (SLM) wird Metallpulver freigesetzt, das abgesaugt werden muss.
(Bild: Ruwac Industriesauger)

Ein neues und sehr wachstumsstarkes Einsatzgebiet der Pulvertechnologie sind die additiven Fertigungsverfahren. Genau genommen ist diese Technologie nicht so ganz neu – das erste Patent datiert von 1984, und seitdem werden z.B. Prototypen, Handmuster und Einzelstücke aus Kunststoff und Metall im 3D-Druck hergestellt.

Aber erst in den letzten Jahren nahm die Nutzung der additiven Fertigungsverfahren Fahrt auf. Sie verändern nicht nur die Produktion von anspruchsvollen Bauteilen in kleinen Stückzahlen, sondern ermöglichen auch die Herstellung ganz anderer Produkte. So können beispielsweise Bauteile mit gewichtssparenden Stützstrukturen gefertigt werden statt aus Vollmaterial. Auch Hinterschneidungen, Wabenstrukturen, innenliegende Kühlkanäle und Scharniere lassen sich in einem Arbeitsgang realisieren.

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Laser schmilzt Pulver

Nicht alle, aber einige der additiven Produktionsverfahren basieren auf pulverförmigen Grundstoffen – z.B. das häufig genutzte selektive Laserschmelzen (SLM), das in den 1990er-Jahren zur Serienreife entwickelt wurde. Hier werden spezielle Metallpulvermischungen mit dem Laser aufgeschmolzen und verbunden. Im Unterschied zu anderen Verfahren dieser Art, wie z.B. Stereolithographie (SLG) und selektives Lasersintern (SLS), lassen sich mit dem Laserschmelzen auch reine Metalle in Pulverform verarbeiten. Man benötigt also keine Bindemittel und kann metallische Bauteile erzeugen, die mechanisch hoch belastbar sind und deren Materialeigenschaften denen konventionell hergestellter Teile gleichen.

In diesem Bereich forscht die Fraunhofer Einrichtung für Additive Produktionstechnologien (IAPT) in Hamburg-Bergedorf. Das 2009 als LZN Laser Zentrum Nord aus der TU Hamburg-Harburg heraus gegründete Institut hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses und andere lasergestützte Verfahren in der Industrie durchzusetzen und interessierte Anwender bei der Implementierung und Nutzung zu beraten. Ziel dabei ist, die Vorteile der jeweiligen Verfahren bestmöglich auszuschöpfen und – im optimalen Fall – ganz neue Produkte mit neuen Eigenschaftsprofilen zu erzeugen.

Darauf ist das IAPT bestens vorbereitet. Neben Anlagen zur generativen Fertigung von Kunststoffteilen steht ein kompletter Maschinenpark u.a. der Hersteller Concept Laser, EOS, SLM Solution und Trumpf für das Lasergenerieren von Metallen zur Verfügung. In den Anlagen wird Pulver aus technischen Metallen wie Aluminium, Edel- und Werkzeugstahl oder Titan nach dem Verfahren des selektiven Laserschmelzens in dünnen Schichten aufgetragen und unter Einsatz von Laserstrahlung selektiv belichtet und aufgeschmolzen. Dieses Verfahren erlaubt nicht nur neue Freiheiten beim Konstruieren, es ist auch sehr ressourcenschonend, da kein Materialabtrag stattfindet. Zu den Anwendungen, die das IAPT und sein Vorgängerunternehmen gemeinsam mit den Industriekunden zur Serienreife entwickelt haben, gehören Spritzgießwerkzeuge mit konturnahen Kühlkanälen, Bauteile für den Automobilbau in Kleinserien sowie Leichtbaustrukturen für die Luftfahrt.

Absaugen von Metallpulver

Beim Laserschmelzen lässt es sich nicht vermeiden, dass Metallpulver freigesetzt wird und abgesaugt werden muss – sowohl im Maschinenraum als auch außerhalb. Denn eine regelmäßige Reinigung wirkt der Staubbelastung am Arbeitsplatz entgegen und sorgt für konstante Qualität beim nächsten Fertigungszyklus. Dies geschieht im IAPT – und auch in vielen anderen Forschungs- und Produktionsstätten der additiven Fertigung – mit Nassabscheidern.

Warum in diesem Fall die Nassabscheidung das Verfahren der Wahl ist, liegt auf der Hand. Viele Metallpulver, die bei der additiven Fertigung eingesetzt werden, sind brennbar, sodass ein Brand- und Explosionsrisiko besteht. Leichtmetallpulver aus Aluminium-, Magnesium- oder Titan-Legierungen stellen häufig ein erhöhtes Risiko dar, da sie sehr zündempfindlich und oft sogar selbstentzündlich unter normalen atmosphärischen Bedingung sind. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die Verarbeitung einiger Metallpulver nur unter Schutzgasatmosphäre in der additiven Fertigungsanlage stattfindet und anschließend die Reinigung mithilfe eines Nassverfahrens durchzuführen ist.

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Die erste Anlage aus dieser Serie, die in Hamburg zum Einsatz kommt und noch vom Laser Zentrum Nord, d.h. vor der Überführung in die Fraunhofer Gesellschaft, angeschafft wurde, ist ein sehr kompakter NA7-11 H CL. Er saugt die mit Metallstaub angereicherte Luft direkt aus dem Arbeitsraum ab und neutralisiert sie, indem der abgesaugte Luftstrom durch einen mit Flüssigkeit gefüllten Sammelbehälter geleitet wird. Damit werden die chemisch hoch reaktionsfreudigen Stoffe, wie Schmauchablagerungen und Pulverreste, „unschädlich“ gemacht.

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Die Metallpartikel sinken als Sediment zum Boden des Behälters, während die vorgereinigte Luft in Bläschenform an die Oberfläche gelangt und dann durch Filterpatronen der Staubklasse M oder H geleitet wird. So wird die Sauberkeit beim selektiven Laserschmelzen und zugleich die erforderliche Betriebssicherheit gewährleistet. Das im Behälter gesammelte Sediment kann bei Bedarf getrocknet, gesiebt und wiederverwendet werden.

Den NA 7 hat das damalige Laser Zentrum Nord zusammen mit der zugehörigen Anlage erworben. Dieser Nassabscheider ist daher in den Hausfarben von Concept Laser lackiert. Die anderen Anlagen zur generativen Laserfertigung werden mit einem schwarzen NA35 gereinigt. Er stammt aus dem Ruwac-Serienprogramm und arbeitet nach demselben Prinzip wie der NA 7. Beide Anlagen ermöglichen einen sicheren Umgang mit den „Abfallstoffen“ der additiven Fertigung.

Auch andere Hersteller von Anlagen der additiven Fertigung auf Metallpulverbasis bieten die Ruwac-Nassabscheider in ihrem Zubehörprogramm an – beispielsweise die ehemalige Firma Realizer in Borchen. Sie war in den 1990er-Jahren maßgeblich daran beteiligt, das elektive Laserschmelzen in die Serienproduktion zu bringen. Seit 2017 ist das Unternehmen Teil der DMG Mori Gruppe, firmiert seitdem als DMG Mori Additive. Das Unternehmen bietet mit den Baureihen Lasertec DED und Lasertec SLM Maschinen für die generative Fertigung im Pulverdüse- und Pulverbettverfahren.

Die Nassabscheider für additive Fertigungsanlagen machen inzwischen – genau wie Sauger für die CFK-/ GFK-Bearbeitung – einen nennenswerten Anteil am Produktionsvolumen von Ruwac in Melle/ Niedersachsen aus. Das zeigt: Für Unternehmen der Schüttgut- und Absaugtechnik zahlt es sich aus, sich mit neuen Anwendungsfeldern zu beschäftigen und vorhandene Technologien an neue Anforderungen anzupassen. Aus diesem Grund bringt Ruwac auch seine Expertise in die Gremienarbeit ein, z.B. bei der Erarbeitung der VDI-Richtlinie 3405 „Additive Fertigungsverfahren: Anwendersicherheit beim Betrieb der Fertigungsanlagen; Laser-Strahlschmelzen von Metallpulvern“.

„Der sehr dynamische Markt benötigt Spezialisten auf der Zulieferseite“
Nachgefragt bei Klaus E. Gazawi, Ruwac Industriesauger

Herr Gawazi, die additive Fertigung ist ein relativ neues Verfahren. Wodurch unterscheidet sich die Branche von anderen?

Klaus E. Gazawi, Ruwac Industriesauger
Klaus E. Gazawi, Ruwac Industriesauger
(Bild: Ruwac Industriesauger)

Klaus E. Gazawi: Die Branche ist innovativ und wachstumsstark. Verschiedene Verfahren stehen im Wettbewerb zueinander. Am stärksten verbreitet ist das Laserstrahlschmelzen, bei dem Metallpulver per Laser punktgenau zusammengeschmolzen wird. Mit diesem Verfahren kann man hoch komplexe Teile mit neuen Geometrien fertigen – auch in Stückzahl Eins.

Gibt es neben den technologischen Herausforderungen noch weitere Besonderheiten?

Gazawi: Eine große Herausforderung beim Laserstrahlschmelzen ist die Sicherheit, denn das Schmelzen erfolgt bei Leichtmetallwerkstoffen oft unter Schutzgas. Die Prozesskammer der Maschinen und auch die Bauteile selbst müssen ausgesaugt werden. Die Leichtmetallpulver sind reaktiv und neigen damit bei normalen atmos­phärischen Bedingungen, d.h. in Verbindung mit Sauerstoff, zur Selbstentzündung. Da das Saugen aber nicht unter Schutzgas erfolgen kann, muss man explosionsgeschützte Sauger verwenden und den Pulvern die Reaktionsenergie nehmen.

Welche besonderen Anforderungen werden an die Absauganlagen gestellt?

Gazawi: Die Absaugung kommt bei der Bauteil­entnahme, beim Aussaugen der Prozesskammer und auch bei der Bauteilnachbearbeitung zum Einsatz. Das von den Anlagen aufgesaugte Pulver muss sofort durch Wasser gezogen werden, damit die Gefahr der Selbstentzündung auf ein Minimum reduziert wird. Dabei wird jedoch Wasserstoff freigesetzt, da die reaktiven Metallpulver auf ihrer Oberfläche ein Oxidschicht bilden und dabei Wasser als Molekül aufspalten. Wir haben es also nicht nur mit reaktiven Stäuben, sondern auch mit explosionsfähigen Gasen zu tun. Für diese Aufgabe haben wir ein System entwickelt, das ein gefahrloses Entweichen des Gases ermöglicht und somit verhindert, dass eine explosionsfähige Atmosphäre entsteht. Weil diese Anwendung anspruchsvoll ist und der Markt wachstumsstark, haben wir in Zusammenarbeit mit einem Hersteller von additiven Fertigungsanlagen eine neue Absaugung entwickelt: den kompakten Nassabscheider NA 7. Er entspricht genau den Anforderungen der Branche.

Welche Entwicklungen sehen Sie in der Branche und wie stellt sich Ruwac darauf ein?

Gazawi: Der sehr dynamische Markt benötigt auch auf der Zulieferseite Spezialisten, die sich mit der Thematik und deren Risiken und Gefährdungen auskennen. Gerade im Bereich der Arbeitssicherheit ist noch Aufbauarbeit zu leisten – das gilt sowohl für die Anlagenhersteller als auch für die Anwender von additiven Fertigungsanlagen für Metallbauteile. Wir haben unsere Vertriebsmitarbeiter frühzeitig entsprechend geschult. Außerdem sind wir in diversen Arbeitskreisen des VDI und des VDMA aktiv, die sich mit diesem Thema beschäftigen und Regelwerke erstellen, die ein sicheres und zugleich effizientes Arbeiten mit Anlagen der additiven Fertigung ermöglichen.

* Der Autor ist freier Journalist in Wuppertal.

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