DERA-Rohstoffmonitoring Scheitert die Energiewende am Rohstoffengpass?

Von Sabine Mühlenkamp Lesedauer: 3 min |

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Seit vielen Jahren ermittelt die Dera den Rohstoffbedarf für Zukunftstechnologien. Der aktuelle Bericht zeigt die Abhängigkeit Deutschlands von China, was insbesondere aus Sicht der Energiewende bedenklich ist.

Etwa 40 % der untersuchten Bergwerksprodukte weisen ein hohes Risiko auf (Risikogruppe 3). Nur ein Viertel befindet sich im unkritischen Bereich (Risikogruppe 1). Bei 60 % der Bergwerksprodukte gehört China zu den Top-3-Abbauländern, bei 38 % ist es sogar größtes Bergbauland.
Etwa 40 % der untersuchten Bergwerksprodukte weisen ein hohes Risiko auf (Risikogruppe 3). Nur ein Viertel befindet sich im unkritischen Bereich (Risikogruppe 1). Bei 60 % der Bergwerksprodukte gehört China zu den Top-3-Abbauländern, bei 38 % ist es sogar größtes Bergbauland.
(Bild: Dera)

Mineralische Rohstoffe stehen am Anfang der industriellen Wertschöpfung. Sie sind das Fundament der industriellen Produktion – von der Grundstoff- bis zur Hightech-Industrie. Die sichere sowie ökologisch und ökonomisch nachhaltige Bereitstellung der benötigten Rohstoffe ist daher essenzielle Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Technologiestandortes Deutschland.

Mit Hilfe der Dera-Rohstoffliste können Unternehmen mögliche Risiken in der Lieferkette mineralischer Rohstoffe identifizieren, diese wurde Ende im Rahmen einer Online-Konferenz vorgestellt. Siyamend Al Barazi, Bereichsleiter Rohstoffwirtschaft bei der Dera, warnte: „Die Covid-19-Pandemie und der russische Angriffskrieg haben gezeigt, dass hochkonzentrierte Märkte und komplexe Lieferketten anfällig für Störungen sind, was zu Lieferausfällen und Produktionsverzögerungen bzw. -stopps führen kann. Und wir können nach wie vor in Situationen hineinlaufen, die bei Rohstoffen zu einem Engpass führen können.“

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Die Dera-Rohstoffliste dient als Anregung, tiefergehende Marktanalysen zu einzelnen Rohstoffen durchzuführen, um geeignete Ausweich- und Diversifizierungsstrategien für die Rohstoffbeschaffung zu entwickeln.

Die Rohstoffliste untersucht die globale Angebotskonzentration von mineralischen Rohstoffen. Diese umfasst 55 Bergwerksprodukte, 29 Raffinadeprodukte sowie 221 Handelsprodukte für das Bezugsjahr 2020 dargestellt. Darin werden auch Recyclingrohstoffe, wie Aluminium, Blei, Kupfer und Zinn, bewertet, deren Relevanz zunimmt. Zwar sind europäische Produzenten überdurchschnittlich an Raffinadeproduktion aus Recyclingrohstoffen beteiligt, China ist jedoch auch hier global führend. Erstmals betrachtet wurde die Bergwerksförderung von Iridium und Ruthenium sowie die Ferronickelproduktion.

Viele Produkte sind Risikogruppe3

Von den insgesamt 305 untersuchten Rohstoffgruppen weisen 46 Prozent ein erhöhtes Beschaffungsrisiko auf. Zur Bewertung werden der Herfindahl-Hirschmann-Index und das gewichtete Länderrisiko herangezogen. Letzteres wird aus Indikatoren der Weltbank gebildet. Daraus ergeben sich drei Risikogruppen. Rohstoffe der Risikogruppe 3 sind Rohstoffe mit hoher Länderkonzentration und einem mäßigen bis hohen gewichteten Länderrisiko. Etwa 40 Prozent der untersuchten Bergwerksprodukte weisen ein hohes Risiko auf (Risikogruppe 3). Nur ein Viertel befindet sich im unkritischen Bereich (Risikogruppe 1).

China ist fast immer Top-3-Abbauland

Herausfordernd: Viele Rohstoffe, die für eine Energiewende nötig sind, liegen in Risikogruppe 3. So kommt man zum Beispiel bei Kobalt um die demokratische Republik nicht herum, gleiches gilt für Aluminum, Wolfram und Gallium.

Bei 60 Prozent der Bergwerksprodukte gehört China zu den Top-3-Abbauländern, bei 38 Prozent ist es sogar größtes Bergbauland. Bei den Raffinadeprodukten sieht es noch kritischer aus. Hier befinden sich sogar 70 Prozent im Bereich mit hohem Lieferrisiko. Von den untersuchten Handelsprodukten weisen fast 44 Prozent ein erhöhtes Beschaffungsrisiko auf. Bei 26 von 29 Raffinadeprodukten ist China größter Produzent. Lediglich bei Ferroniob ist Brasilien, bei Rhenium ist Chile und Ferronickel ist Neukaledonien (Frankreich) größter Produzent. Erschwerend kommt hinzu, dass im August 2023 China Exportkontrollen einführte. Es ist nun eine Exportgenehmigung nötig, deren Auswirkungen sich noch nicht absehen lassen. Ein Blick auf einzelne Rohstoffe zeigt die Abhängigkeiten:

  • Bei Lithium ist die Nachfrage nach Batteriespeichern der größte Treiber. Es gibt eine hohe Angebotskonzentration bei Förderung und Weiterverarbeitung und eine hohe Volatilität seit 2022, was zu einem starken Preisanstieg zwischen 2020 und 2022 führte. Die Marktmacht von China ist groß und Angebotsdefizite sind möglich.
  • Lithium-Ionen-Batterien benötigen Kobalt. Hier ist die Demokratische Republik Kongo mit 69 Prozent größter Produzent, inzwischen hat Indonesien sein Primärangebot stark ausgebaut und ist inzwischen zweitgrößter Förderer. Hier ist bis 2030 ein Angebotsüberschuss bei konstantem Ausbau der Primärförderung möglich.
  • Bei Wolfram stieg China seit den 1980er Jahren auf, daher wurde die Förderung in anderen Ländern zurückgefahren. Problematisch dabei ist, dass Wolfram kaum aus China exportiert wird, sondern gleich in Raffinadeprodukten in China weiterverarbeitet wird.
  • Die Raffinade-Aluminiumproduktion wird in China stark ausgebaut, in Deutschland sank sie dagegen von 2021 auf 2022 um 30 Prozent. Schaut man auf das 1. Quartal 2023, sank die Produktion sogar um 62 Prozent.
  • 2020 wurden 330 Tonnen Gallium produziert, davon 97 Prozent in China. Interessant ist, dass es bis 2016 eine Produktion in Deutschland gab, die aber eingestellt wurde.
  • China ist mit 87 Prozent größter Produzent von Magnesium. In China kam es im Zuge von Energieeinsparungen zu zahlreichen vorübergehenden Produktionsschließungen und -kürzungen von Magnesiumanlagen. Aufgrund der dominierenden Position Chinas kam es daraufhin zu weltweit zu steigenden Magnesiumpreisen.

Die Europäische Kommission hat mit dem Critical Raw Materials Act die Weichen gestellt, um die hohen Abhängigkeiten bei kritischen und strategischen Rohstoffen von einzelnen Lieferländern bis 2030 zu reduzieren. Die Stichwörter heißen: Mehr Diversifizierung, heimische Produktion, Kreislaufwirtschaft, strategische Partnerschaften und Forschung. Am Ende werden allerdings die Unternehmen ihre Rohstoffversorgung anpassen müssen, um ihre Resilienz und die des europäischen Industriestandorts zu stärken.

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