Siebanlagen für Aufbereitungsprozesse Good Vibrations dank innovativem Antriebssystem

Von Peter Berlitz, Dr. Armin Greune |

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Ein Multi-Schwingsieb sorgt für neuen Schwung in der Aufbereitungstechnik − dank innovativem Antriebssystem und intelligenten Detaillösungen. Das Ergebnis ist höchste Siebeffizienz und Flexibilität bei deutlich reduzierten Gewichten, Bauhöhen und Antriebsleistungen.

Die Siebung spielt in mechanischen Aufbereitungsprozessen in der Natursteinindustrie, in der Erz- und Kohleaufbereitung sowie in der Recyclingindustrie eine wesentliche Rolle. Hier kommt das neue Multi-Schwingsieb in der Schlackenaufbereitung zum Einsatz.
Die Siebung spielt in mechanischen Aufbereitungsprozessen in der Natursteinindustrie, in der Erz- und Kohleaufbereitung sowie in der Recyclingindustrie eine wesentliche Rolle. Hier kommt das neue Multi-Schwingsieb in der Schlackenaufbereitung zum Einsatz.
(Bild: Thyssenkrupp Industrial Solutions AG)

Die Siebung spielt in mechanischen Aufbereitungsprozessen in der Natursteinindustrie, in der Erz- und Kohleaufbereitung sowie in der Recyclingindustrie eine wesentliche Rolle. Dies gilt insbesondere bei der Zerkleinerung, wo aus einem gebrochenen Gut erst durch die Siebung ein qualifiziertes, klassiertes Gut wird, das in diesem Zustand weiterverarbeitet oder vermarktet werden kann.

Die derzeit existierenden mechanischen Siebe werden entweder zwangserregt oder durch exzentrische Schwungmassen in Schwingungen versetzt und je nach Schwingungsform in Kreis-, Linear- und Ellipsenschwinger eingeteilt. Sie sind allesamt dadurch gekennzeichnet, dass die oszillierenden Antriebskräfte durch den Schwerpunkt der Maschine eingeleitet werden und die Siebe in Förderrichtung vorne und hinten abgestützt werden. Aufgrund dessen müssen die Siebkästen besonders steif und dadurch schwer ausgeführt werden, um den hohen dynamischen Lasten dauerhaft standzuhalten.

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Bisherige Lösungen sind unflexibel

Bei Betrachtung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Bauart erweist sich auch die geringe Flexibilität bei den Betriebsparametern als nachteilig, weil weder auf Änderungen der erforderlichen Produktqualität noch auf Änderungen in den Eigenschaften des Aufgabematerials reagiert werden kann. Diese Anpassungen lassen sich meistens nur mechanisch umsetzen, was zu ungewünschten Stillstandszeiten und möglicherweise mehrfachen Nachkorrekturen führt.

Begrenzte Durchsatzleistungen

Auch die Synchronisation der entweder beidseitig am Siebkasten befestigten Antriebe (Kreisschwinger) oder zentral ober- bzw. unterhalb der Siebfläche installierten Antriebe (Linearschwinger) ist mechanisch aufwendig, schwer, verschleißanfällig und bedarf einer Schmiereinrichtung. Gleichzeitig führen diese Mechanismen insbesondere bei Kreisschwingsieben dazu, dass die Siebbreite konstruktiv limitiert ist und somit auch nur begrenzte Durchsatzleistungen realisiert werden.

Immer wieder kristallisiert sich zudem der große Platzbedarf und das hohe Gewicht als auffälligster Nachteil der gängigen Siebbauarten heraus. Diese Eigenschaften betreffen nicht nur die Siebmaschine selbst, sondern die hohen Transport- und Montagekosten wirken sich negativ auf das konstruktive Umfeld des Siebes und die zu installierende Antriebsleistung aus. Große und schwere Siebe führen zu entsprechend großen und schweren Unter- und Gebäudekonstruktionen sowie zu längeren Förderbändern zur Beschickung. Je größer die anzutreibenden Massen der Siebkästen sind, desto größer ist auch der Energieverbrauch.

Aufgrund der prozessbedingten niedrigen Materialschicht auf der Siebfläche ergibt sich besonders bei der Feinabsiebung ein ungünstiges Verhältnis von Siebgut zu schwingender Masse. Um ein Beispiel zu nennen: Bei einem Sieb mit 4,3 Meter Breite und einem Gewicht von 35 Tonnen zur Siebung von Phosphat befinden sich während des Normalbetriebs lediglich 300 Kilogramm Material auf dem Siebboden.

Effektivere Siebung ist möglich

Daher entwickelte Thyssenkrupp nun eine Lösung, Siebe effektiver, flexibler und kostengünstiger zu gestalten − das neue Multi-Schwingsieb Goovi.

Bei dieser Neuentwicklung konzentrierte man sich zunächst auf die Sekundär- und Tertiärsiebung, also um Einsätze im Kies- und Schotterbereich, im Bergbau und im Recycling, wo Aufgabematerialien auf eine Stückgröße von bis zu 80 Millimeter bei einem minimalen Siebschnitt von etwa 2 mm abgesiebt werden.

Besonders interessant ist ein Vergleich der Gewichte des neuen Siebes mit den Gewichten herkömmlicher Bauarten. Während der Linearschwinger erwartungsgemäß bezogen auf die Siebfläche ein sehr hohes spezifisches Gewicht aufweist, liegt das Goovi noch deutlich unterhalb der relativ leicht bauenden Kreisschwinger. Besonders bei größeren Siebflächen wiegt das neue Multi-Schwingsieb weniger als die Hälfte im Vergleich zu den Kreisschwingern.

Bereit für den digitalen Steinbruch

Konstruktiv lag der Schwerpunkt der Neuentwicklung auf dem Antriebskonzept, weil es das größte Optimierungspotential versprach. Aber auch Siebkästen, die Abstützung und die Steuerung wurden grundsätzlich überarbeitet. Das Multi-Schwingsieb ist zudem bereits für den digitalen Steinbruch konzipiert und ebnet den Weg für Industrie 4.0 in Aufbereitungsanlagen.

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Bei der Festlegung des Antriebskonzepts ist der Punkt der Krafteinleitung von besonderer Bedeutung, da hierdurch die statische und dynamische Auslegung der Seitenwände des Siebs bestimmt wird. Simulationen haben gezeigt, dass ein Sieb idealerweise an vier verschiedenen Punkten, beidseitig jeweils im vorderen und hinteren Bereich, angetrieben werden sollte. Daher wurde entschieden, die Antriebe in die Biegeknoten der Spannungsverläufe in den Seitenwänden zu legen. Hierdurch werden die Kräfte optimal in die Seitenwände eingeleitet und Biegespannungen werden auf ein Minimum reduziert.

Genauere Einstellung der Betriebsparameter

Gleichzeitig sollten die Antriebe eine höhere Flexibilität und eine komfortablere Einstellbarkeit der Betriebsparameter ermöglichen. Aus diesem Grund wurden an jedem Antriebspunkt nicht nur ein Motor sondern zwei bzw. drei Motoren vorgesehen, so dass jedes Schwingsieb insgesamt von acht oder zwölf Motoren angetrieben wird. Hier kommen jeweils kompakte lebensdauergeschmierte Standard-Unwuchtmotoren zum Einsatz, die symmetrisch an den Seitenwänden angeflanscht und über eine mitgelieferte, patentierte SPS synchronisiert werden.

Die SPS ist nicht nur für die Synchronisation der Motoren verantwortlich, sondern kann diese auch während des Betriebes relativ zueinander verstellen. Wenn alle Motoren synchron in eine Richtung drehen, ergibt sich eine kreisförmige Bewegung. Drehen sich die Motoren einer Antriebsgruppe gegensinnig, entsteht eine Linearbewegung. Dies lässt sich ohne mechanische Arbeiten mit Hilfe der SPS umstellen. Durch Änderung der Exzentergewichte einer Antriebsgruppe lässt sich zudem eine Ellipsenbewegung des Siebes realisieren. Diese vereint die Vorteile vom Kreisschwinger und Linearschwinger. Ebenso können die Drehzahl und der Wurfwinkel stufenlos verstellt werden, so dass sich alle wichtigen Betriebsparameter an die Produktion anpassen lassen.

Das Goovi wird mit einem kompletten Schaltschrank geliefert, der mit einem Touchscreen ausgestattet ist, über den unter anderem die unterschiedlichen Rezepte ausgewählt werden können. Die Rezepte werden entweder vor Ort vom Thyssenkrupp-Servicemitarbeiter oder über Teleservice konfiguriert. Weitere Informationen, wie Motordaten oder Schwingungsüberwachung, können so ebenfalls erfasst und bei Bedarf per Teleservice ausgewertet werden.

Sieb lässt sich an wechselnde Marktanforderungen anpassen

So kann das Goovi an veränderte Materialeigenschaften angepasst werden, die sich etwa durch Variationen in der Lagerstätte oder klimatische Einflüsse in Form von erhöhter Feuchtigkeit ergeben. Auch siebkritische Materialien lassen sich damit optimal verarbeiten. Ebenfalls können mit ein und demselben Sieb durch Änderung der Betriebsparameter und gegebenenfalls der Siebbeläge unterschiedliche Produkte und Produktqualitäten hergestellt werden, falls sich die Anforderungen des Marktes ändern oder diese z.B. saisonal variieren. Dafür können bestimmte Rezepte in der Steuerung hinterlegt und bei Bedarf abgerufen werden. Für sehr anspruchsvolle Produkte, z.B. in der Schotterindustrie, sind Regelkreisläufe realisierbar, bei denen die Siebparameter nachgeregelt werden, wenn sich Produktkennlinien ändern. Dies setzt allerdings eine zuverlässige Methode zur kontinuierlichen Ermittlung der Produktkennlinie voraus.

Steckkorn lässt sich über eine Selbstreinigungsfunktion leicht entfernen, indem die Schwingungsform und Transportrichtung kurzzeitig geändert wird.

Das gesamte Antriebssystem kommt ohne mechanische Übertragungsmittel wie Wellen oder Getriebe aus, weil die Motoren direkt an die Siebwand angeflanscht und elektronisch synchronisiert werden. Dadurch reduzieren sich Wartungsaufwand, das Gewicht und die Leistungsaufnahme erheblich. Eine Schmierung ist nicht erforderlich.

Einfache Ausführung des Siebkastens

Auch beim Siebkasten wurde besonderer Wert auf eine einfache, jedoch stabile Ausführung gelegt, die zudem leicht zu montieren ist. Im unteren Bereich werden die Seitenwände durch zahlreiche Traversen aus Standardrohren verbunden, die mit einer Manschette aus Polyurethan gegen Verschleiß geschützt sind. Im oberen Bereich genügen einige wenige Traversen gleicher Bauart zur Stabilisierung des Siebkastens. Durch diese geschraubte und geklemmte Konstruktion ergibt sich eine hohe Dauerfestigkeit des Siebkastens. Dieser Effekt wird noch durch die optimierte Position der Unwuchtmotoren verstärkt, welche die dynamische Belastung in den Seitenwänden reduziert.

Die Anordnung der Antriebe führt darüber hinaus zu einer flachen Bauweise des Goovi und ermöglicht den einfachen Einbau in bestehende Anlagen. Grundsätzlich ist eine Montage auf der Baustelle möglich und unter Umständen auch empfehlenswert. Siebe weisen im fertig montierten Zustand ein relativ großes Volumen auf. Dies sorgt für höhere Kosten beim Transport. Bei besonders beengten Verhältnissen kann das Schwingsieb sogar direkt in der Anlage zusammengebaut werden. Selbstverständlich wurden die neuen Anforderungen der kürzlich überarbeiteten EN 1009 bezüglich des Platzbedarfs für Wartungsarbeiten an Maschinen für die mechanische Aufbereitung von Mineralien berücksichtigt.

Das neue Sieb wird mit einem oder zwei Siebdecks angeboten. Hierfür steht eine Vielzahl von Siebböden und Siebbelägen zur Verfügung, die als Drahtgewebe, Gummi- oder PU-Belag sowie als Kombination ausgeführt werden können. Es sind die gängigen Standardgrößen vorgesehen, die mit geringem Aufwand einfach und schnell gewechselt werden können.

Abstützung auf Luftfedern

Auch bei der Abstützung des Siebkastens beschritt Thyssenkrupp neue Wege. Das Goovi stützt sich nicht wie üblich auf Stahl- oder Gummifedern ab, sondern auf Luftfedern mit variablem Druck, die an verlängerten Traversen im unteren Bereich des Siebkastens befestigt sind. Dies bietet einige funktionale Vorteile.

Für die Montage wird das Sieb zunächst auf vier Gummipuffer aufgesetzt, bevor die Luftfedern aufgepumpt werden. Durch leichte Variation des Druckes in den Luftfedern lässt sich das Sieb optimal in der Höhe ausrichten und das Schwingverhalten optimieren. Aufgrund der geringeren Federkonstante im Vergleich zu Stahl- oder Gummifedern werden die dynamischen Fundamentlasten signifikant reduziert, was sich positiv auf das Gewicht des Unterbaus auswirkt. Ein weiterer interessanter Aspekt ist eine deutlich reduzierte Lärmentwicklung dieser Bauart im Vergleich zu herkömmlichen Systemen.

Modulare Bauweise erlaubt kundenspezifische Lösungen

Das neue Multi-Schwingsieb zeichnet sich durch stark reduzierte Gewichte und Bauhöhen aus und ermöglicht eine erhebliche Steigerung der betrieblichen Flexibilität, Produktqualität und Leistung. Inzwischen ist das erste Goovi seit mehreren Monaten in einem Stahlwerk in Deutschland in Betrieb und hat sich in der Absiebung von Schlacken bestens bewährt. Bei unterschiedlichen Materialeigenschaften wird es in verschiedenen Einstellungen betrieben und erzielt für den Betreiber beste Ergebnisse.

Inzwischen wurde eine Standard-Baureihe entwickelt. Die Eindecker- und Zweidecker-Varianten werden in sechs unterschiedlichen Breiten und vier unterschiedlichen Längen angeboten und stehen mit Siebflächen zwischen elf und 26,4 Quadratmeter zur Verfügung.

Aufgrund der einfachen, modularen Bauweise ist es möglich, neben diesen Standardsieben individuelle, kundenspezifische Lösungen anzubieten. Zum Beispiel können Siebflächen an besondere Aufgabenstellungen oder Seitenwandgeometrien und Federpositionen dem vorhandenen Bauraum in der Anlage des Kunden angepasst werden.

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