Auswahl und Konfiguration von Siebmaschinen Diese Faktoren müssen bei der Auslegung von industriellen Siebmaschinen beachtet werden

Von Sabine Mühlenkamp |

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Die Siebtechnik zählt zu den ältesten und am weitesten verbreiteten Technologien bei der Verarbeitung von Schüttgut. Und obwohl das Prinzip des Siebens eigentlich „kinderleicht“ ist, müssen bei der Auslegung von industriellen Siebmaschinen viele Faktoren beachtet werden, sollen die Siebe dann später in der Produktion auch optimal funktionieren.

Die Siebtechnik – ein uraltes  Verfahren, aber immer noch faszinierend.
Die Siebtechnik – ein uraltes Verfahren, aber immer noch faszinierend.
(Bild: Engelsmann)

Ein wichtiger Ausgangspunkt bei der Wahl der richtigen Siebmaschine ist dessen Funktion im Produktionsprozess. Engelsmann unterscheidet hierbei im Wesentlichen sechs verschiedene Arten von Siebungen. Eine Schutzsiebung wird durchgeführt, um Fremdkörper abzutrennen, die versehentlich in das Produkt gelangt sind. Diese Verunreinigungen können nachgelagerte Produktionsstufen stören und vor allem die Qualität des Endprodukts beeinträchtigen. Beispiele für Schutzsiebungen finden sich vor allem bei der Rohmaterialanlieferung, etwa mit Silofahrzeugen, und vor dem Abpacken der Endprodukte. In beiden Fällen können ungewollt Fremdkörper wie Metallteile, Sackreste oder Insekten in das Produkt gelangen.

Mit Grob- bzw. Überkornabsiebungen werden Produktpartikel abgetrennt, die oberhalb des geforderten Kornspektrums liegen. Müssen z.B. pulverige Materialien am Ende des Produktionsprozesses in Tabletten oder Pellets verpresst werden, wirkt sich Grobkorn meist negativ auf die Stabilität des Endprodukts aus. Es wird daher abgesiebt und der Produktion wieder zugeführt oder entsorgt.

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Im Gegensatz dazu zielen Feinabsiebungen darauf ab, feine Produktpartikel und Staub abzutrennen. Insbesondere die Abtrennung von Staubanteilen verbessert die Lager- und Transportfähigkeit des Siebprodukts und sorgt dafür, dass dessen Produkteigenschaft erhalten bleibt. Klassiersiebungen sind mehrstufige Siebverfahren, bei denen ein inhomogenes Feststoffgemisch in mindestens zwei Fraktionen getrennt wird, wobei jede Fraktion einem bestimmten vorgegebenen Kornspektrum entspricht. Je nach gewünschter Anzahl an Fraktionen wird das Produkt über verschiedene übereinander liegende Siebeinleger mit unterschiedlicher Maschenweite geleitet. Als Maßstab für das Siebergebnis dient hier die Trennschärfe, die idealerweise bei nahezu 100 % liegen sollte. Klassiersiebe verfügen nicht selten über drei und mehr Fraktionen und sind daher größer dimensioniert als andere Siebvarianten.

Beim Desagglomerieren und der Passion werden Agglomerate im Siebgut, die sich während der Produktion gebildet haben und die nicht in nachgelagerte Produktionsstufen oder ins Verkaufsgebinde gelangen dürfen, im Sieb mechanisch aufgelöst, sodass diese das Siebgewebe passieren können.

Aspekte des Betriebs und der Wartung

Siebmaschinen müssen zuverlässig funktionieren – und das möglichst effizient und wirtschaftlich. Ein wesentlicher Aspekt beim Betrieb und der Wartung ist der Wechsel des Siebeinlegers, falls es im Rahmen der Produktion notwendig ist, auf eine andere Maschenweite umzurüsten oder den Einleger aufgrund eines defekten Siebgewebes auszutauschen. Bei vielen Sieben ist dies nur möglich, wenn die Maschine zumindest teilweise zerlegt wird. Wie bei der Reinigung ist dabei die Stillstandzeit das Hauptproblem. Betreiber sollten daher darauf achten, dass der Siebwechsel idealerweise werkzeugfrei und mit nur wenigen Handgriffen machbar ist. Gleiches gilt auch für den Austausch anderer defekter Komponenten. Auch hier wirkt sich ein guter Zugang zu allen Teilen und eine einfache Demontage positiv auf die Stillstandzeiten aus. Während des Betriebs muss der Bediener die Möglichkeit haben, auch andere Siebeinstellungen wie die Neigung des Siebdecks oder die Schwing- bzw. Vibrationsamplitude des Antriebs/Motors schnell an die aktuelle Siebaufgabe anzupassen.

Aufbau von Sieben

Eine Siebmaschine besteht aus einem runden oder rechteckigen Gehäuse, in dem sich der Siebeinleger befindet - das Herzstück jeder Siebmaschine. Die Maschine wird über einen Einlauf am Gehäuse mit dem Siebgut beschickt. Damit der Siebprozess möglichst schnell und effizient abläuft, muss das Gehäuse mit dem Siebeinleger in Bewegung versetzt werden. Dies geschieht in der Praxis auf drei verschiedenen Wegen: mit Vibration, durch eine kreisförmige- oder lineare Schwingbewegung sowie durch Rotation. Dementsprechend werden in der Praxis Vibrationssiebe, Hub- bzw. Schwingsiebmaschinen und Zentrifugalsiebe unterschieden. Hier bietet Engelsmann in allen Bereichen entsprechende Lösungen an.

Vibrations- und Hubsiebmaschinen sind mit flachen, horizontal gelagerten Siebeinlegern ausgestattet und nutzen neben der Bewegung vor allem Gravitation für die Siebung. Zentrifugalsiebe dagegen verfügen über einen zylindrischen Siebkorb, in dem sich eine rotierende Welle mit Rotorleisten befindet, die das Material gleichmäßig auf die Siebfläche verteilt. Das Siebgehäuse ist in der Regel auf ein Gestell montiert und bildet mit ihm, entweder wie bei Zentrifugalsiebmaschinen eine feste Einheit, oder ist wie bei Schwingsieben mithilfe von Federn flexibel gelagert, damit sich das Siebgehäuse innerhalb des Gestells frei bewegen bzw. schwingen kann. Die Schwingungs- bzw. Vibrationsamplitude wird durch Vibrationsmotoren oder Schwungantrieben gesteuert. Die Bewegungsenergie bewirkt, dass kleinere Partikel schnell das Siebgewebe passieren, während das auf dem Siebgewebe aufliegende Grobkorn über den Siebüberlauf aus der Maschine geschleust wird. Je nach Anzahl der Fraktionen bzw. installierten Siebdecks befinden sich daher ein oder mehrere Auslaustutzen an einer Siebmaschine.

Abreinigung des Siebgewebes

Bei vielen Schüttgütern kommt es während des Siebprozesses zu Steckkorn. Um zu verhindern, dass sich das Siebgewebe zusetzt und die Maschine an Durchsatzleistung verliert, ist die regelmäßige Abreinigung des Gewebes in vielen Fällen unabdingbar. Viele Siebe verfügen daher über ein integriertes Abreinigungssystem. Engelsmann bietet hier vor allem Kugel-, Dreiecks- und Ultraschallabreinigungssysteme. Im ersten Fall sind Kugeln im unteren Bereich des Siebeinlegers eingearbeitet, die durch die Rüttelbewegung des Siebes von unten an das Siebgewebe prallen und so Steckkorn, das sich in den Siebmaschen verklemmt hat, lösen. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren Dreiecksabreinigungen. Statt Kugeln werden hierbei flache, dreieckige Kunststoffteile verwendet, die je nach Siebprodukt mit Noppen oder kurzen Borsten ausgestattet sind und von unten an das Siebgewebe schlagen bzw. die verstopften Siebmaschen durchstoßen. Bei Ultraschallsystemen wird dagegen das Siebgewebe durch Schallwellen in Schwingungen mit extrem niedriger Amplitude versetzt. Diese Art der Abreinigung wird vor allem bei feinpulverigen Materialien unter 500 µm eingesetzt.

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Bei besonders schwierigen Produkten wie fetthaltige Nusssplitter stoßen jedoch selbst gängige Abreinigungssysteme an ihre Grenzen. Zum einen verkeilen sich die Splitter regelrecht in den Maschen und kleben zusammen, zum anderen sind sie so empfindlich, dass sie z.B. bei Verwendung einer Ball- oder Dreiecksabreinigung zu einem Brei zerdrückt werden und so nicht mehr für das Endprodukt verwendbar sind. Hier hat Engelsmann in Verbindung mit der Linearschwing-Siebmaschine „Jel Freischwinger“ ein spezielles Anschlagsystem entwickelt. Dies funktioniert mit einem Zusammenspiel von Schwungantrieb und Siebtrog: Der Trog hängt an mehreren Kunststofffederlementen frei im Gestellrahmen und wird durch den Antrieb in eine horizontale Schwingung versetzt. An Trog und Rahmen befinden sich Anschlagstutzen aus Gummi, die aufeinanderprallen, ohne dass die Maschine oder das Produkt dabei beschädigt werden. Durch den Schlagimpuls wird selbst hartnäckigstes Steckkorn sofort gelöst.

Das Produkt im Mittelpunkt

Das Siebgut und seine Eigenschaften sind der wohl wichtigste Faktor bei der Auswahl des Siebmaschinentyps und der Auslegung der Siebmaschine. Erst wenn das zu siebende Produkt im Vorfeld detailliert beschrieben wird, kann eine passgenaue Auslegung einer entsprechenden Sieblösung erfolgen. Wichtige Parameter sind z.B. das Schüttgewicht und der Schüttwinkel, die Fließeigenschaften, der Feuchtigkeitsgehalt, die Temperatur oder ob das Produkt abrasiv, anbackend oder fetthaltig ist. Dem gegenüber steht die klar definierte Aufgabenstellung des Kunden im Hinblick auf die Art der Siebung (Schutz-, Überkorn-, Klassiersiebung usw.). Die genaue Kenntnis von Materialeigenschaften und der Aufgabenstellung lassen in der Regel erste Rückschlüsse auf geeignete Siebmaschinentypen und deren Auslegung (Werkstoffe, Funktionen usw.) zu.

Die eigentliche Prozesssicherheit bzw. die Eignung der Maschine und des Verfahrens kann im Rahmen von Siebtests überprüft werden. Gerade bei schwierigen Produkten und komplizierten Produktionsverfahren bieten Tests die Möglichkeit, eine Feinabstimmung vorzunehmen und gegebenenfalls den Siebprozess durch Anpassung der Maschinenkonfiguration zu optimieren. Während die Wahl der richtigen Maschenweite des Siebgewebes mehr oder weniger durch das vom Betreiber geforderte Kornspektrum vorgegeben ist, ist es von den Möglichkeiten und Erfahrungen des Siebherstellers abhängig, inwieweit effiziente und wirtschaftliche Sieblösungen für ein bestimmtes Produkt gefunden werden – vor allem wenn es aufgrund ungünstiger Stoffeigenschaften erfahrungsgemäß schwierig zu sieben ist. So z.B. bei Produkten mit schlechten Fließeigenschaften: Bei der Beschickung des Siebes mit Material sollte sich dieses idealerweise schnell auf der Siebfläche verteilen und das Siebgewebe passieren. Um auch bei schwer fließenden Produkten entsprechend Durchsatzleistung zu realisieren, ist es von Vorteil, wenn sich bei Schwing-Siebmaschinen wie dem Jel Freischwinger die Hubverstellung des Siebgehäuses und die Drehzahl des Schwungmotors einstellen lässt. Eine Vergrößerung des Schüttwinkels wirkt in diesem Fall wie eine Fließhilfe und führt zu einer verbesserten Verteilung des Produkts auf dem Siebeinleger. Beim Einsatz von Vibrationssiebmaschinen kann der Siebprozess darüber hinaus durch Anpassung der Vibrationsamplitude bzw. der Schwingungsrichtung erreicht werden.

Ein letzter wichtiger Aspekt, ist die Wahl der richtigen Siebfläche. Auch sie ist wesentlich von Materialeigenschaften wie der Fließfähigkeit abhängig. Ist die optimale Maschenweite des Siebgewebes für das zu erzielende Kornspektrum gefunden, sollte die Siebfläche so gewählt werden, dass die vom Betreiber gewünschte Durchsatzleistung erreicht wird, ohne dass sich das Siebgut bei der Beschickung zu hoch über dem Siebeinleger aufbaut. Hier besteht die Gefahr, dass das Produkt aufgrund der Siebbewegung ohne Passieren des Gewebes durch den Siebüberlauf aus der Maschine geleitet wird. Und auch hier ist das Know-how des Siebherstellers gefragt: Wird die Siebfläche aufgrund fehlender Erfahrung zu groß ausgelegt, bleibt ein Teil des Gewebes praktisch ungenutzt. Zu viel Siebfläche führt unweigerlich zu unnötigen Kosten bzw. unwirtschaftlichen Sieblösungen.

Kurze Stillstandzeiten

Bei Anwendungen in der Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie, aber auch bei der Herstellung von Tiernahrung gelten strenge Hygiene- und Sicherheitsrichtlinien, denen auch eingesetzte Sieblösungen gerecht werden müssen. Bei der Anschaffung von Siebmaschinen ist daher unbedingt darauf zu achten, dass die Komponenten schnell, einfach und vor allem rückstandsfrei zu reinigen sind. Alle produktberührenden Teile der Siebmaschine wie das Innengehäuse, der Siebeinleger sowie Ein- und Ausläufe sollten daher kons truktionstechnisch keine Toträume aufweisen, in denen sich feinste Produktpartikel festsetzen können. Auch Schweißnähte bzw. Kanten sollten daher so abgerundet sein, dass sie keine spitzen Winkel ausbilden. Sämtliche Oberflächen müssen daher auch möglichst glatt und frei von Rissen sein. Hier hat sich Edelstahl mit entsprechender Oberflächenveredelung bzw. möglichst niedrigen Rautiefen (<0,8 µm) als Branchenstandrad durchgesetzt. Um bei der Reinigung die Stillstandzeiten auf ein Minimum zu reduzieren, ist es von Vorteil, wenn sich die Siebmaschinen direkt am Einsatzort ohne vorherige Demontage reinigen lassen.

Werden staubige oder gar toxische Schüttgüter gesiebt, sollten die eingesetzten Siebe hermetisch geschlossen sein, sodass der Kontakt des Bedieners mit dem Produkt auf ein Minimum begrenzt wird. Ein besonderes Augenmerk sollte hierbei auf die Wahl der Dichtung gelegt werden. Da staubige Materialien oft explosionsgefährliche Atmosphären erzeugen, gelten auch hier sämtliche Sicherheitsrichtlinien für Atex-Schutzzonen. Das bedeutet, dass die Siebmaschinen für den Einsatz in diesen Produktionsbereichen zertifiziert und die entsprechenden Sicherheitsfeatures aufweisen müssen.

Fazit: Bei der Auslegung von Siebmaschinen müssen eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren berücksichtigt werden. Im Mittelpunkt stehen dabei das zu siebende Produkt und dessen Eigenschaften. Entscheidend für das Siebergebnis sind letztendlich die Erfahrungen und das Know-how des Siebmaschinenherstellers, der für die Auslegung des Siebverfahrens und der einzelnen Komponenten verantwortlich ist.

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