Automatisierung: E+H zieht Bilanz Auf Kurs bleiben, auf Sicht fahren: Endress+Hauser geht aus 2019 stark ins Corona-Jahr

Von Dominik Stephan

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Das hatten sie sich sicher anders vorgestellt: Der Prozessautomatisierer Endress+Hauser zieht nach einem Erfolgsjahr Bilanz und steht trotzdem voll im Zeichen der Krise. Obwohl alle wesentlichen Kennzahlen 2019 nach oben zeigen, schlagen Coronapandemie und schwächelnde Kernmärkte dem Unternehmen aufs Gemüt. Für CEO Altendorf heißt das auf Sicht fahren - an geplanten Projekten will man jedoch festhalten...

„2019 war ein gutes Jahr für Endress+Hauser“, betonte Matthias Altendorf. „Unser Wachstum war breit abgestützt und ausgewogen.“ - Im Bild; Klaus Endress, Präsident des Verwaltungsrats (links), und Matthias Altendorf, CEO der Endress+Hauser Gruppe.
„2019 war ein gutes Jahr für Endress+Hauser“, betonte Matthias Altendorf. „Unser Wachstum war breit abgestützt und ausgewogen.“ - Im Bild; Klaus Endress, Präsident des Verwaltungsrats (links), und Matthias Altendorf, CEO der Endress+Hauser Gruppe.
(Bild: Endress+Hauser)

Gut gestartet: Auch 2019 gelang es Endress+Hauser erneut, Umsatz, Investitionen und Beschäftigungszahlen zu steigern. Eigentlich sollte 2020 der mit der Strategie 2020+ eingeschlagene Kurs fortgesetzt werden – jetzt steht erst einmal auf Sicht fahren an.

Noch vergangenes Jahr konnten die Automatisierungsspezialisten bei einem Umsatz von insgesamt 2,65 Milliarden Euro – ein Plus von 8 % gegenüber 2018 – eine Rendite von 13 % erzielen. Zwar fallen diese Ergebnisse etwas geringer aus, berechnet man Wechselkursverluste durch die anhaltende Schwäche des Euro mit ein, trotzdem bleibe ein Reingewinn von 266 Millionen Euro, so CEO Matthias Altendorf. Auffällig: Es sind nicht mehr die großen Megaplant-Ankündigungen, die den Umsatz treiben. Kleinere und mittlere Projekte entwickelten sich zunehmend zu Wachstums- und Technologietreibern, so Altendorf in Basel.

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Dementsprechend habe das Unternehmen im vergangenen Jahr noch einmal in die Tasche gegriffen: Etwa 400 Mitarbeiter, vor allem in der Produktion, kamen 2019 bei den „People for Process Automation“ an Bord. Dazu 318 neue Patentanmeldungen – Ergebnis einer F&E-Quote von 7,6 % des Umsatzes.

Bleibt alles anders: China auf Aufholjagd

Das war vor Corona – doch auch schon 2019 zeigten sich Verschiebungen und Veränderungen in der Endress+Hauser-Welt. So blieb die Entwicklung in Nordamerika hinter den Erwartungen – allein Mexiko zeigte sich wachstumsstark – während das Geschäft in Afrika und im Nahen Osten sogar rückläufig war. China setzte seinen wirtschaftlichen Griff nach der Spitze fort und konnte den europäischen Spitzenreiter Deutschland am Absatzmarkt überflügeln. Die Volksrepublik ist damit für die Gruppe nach Zahlen fast auf Höhe der US-Absätze, so CFO Dr. Luc Schultheiss.

Spätestens im März 2020 war dann alles anders: Während in Indien und Südafrika Produktionsstandorte auf behördliche Anordnung hin zur Sicherheit geschlossen wurden, arbeiten weltweit fast 10.000 E-H-Mitarbeiter zumindest zeitweise aus dem Homeoffice, um Erreichbarkeit und Lieferbarkeit sicher zu stellen. Damit sei es gelungen, erklärt Altendorf, Materialverfügbarkeit zu gewährleisten, Transportketten intakt zu halten und die Kunden in allen Belangen zu unterstützen. „Die Werke der Firmengruppe arbeiten, Endress+Hauser ist weiter lieferfähig“ erklärt der CEO.

Digital vor Ort: So will Endress+Hauser die Krise meistern

Um die ausfallende Nähe und den persönlichen Support für Kunden und Anwenderbranchen zumindest teilweise zu ersetzen, kommen verstärkt digitale Angebote zum Einsatz. So ist in Pandemiezeiten auch ein kostenloser Visual-Support per Webcam möglich. „Wir überbrücken die physische Distanz durch digitale und emotionale Nähe“, erklärte Altendorf. Ob das reicht, muss sich zeigen: Klar ist, die Coronavirus-Pandemie erschwert ein Erreichen der ambitionierten Ziele des Unternehmens massiv. „Noch können wir die wirtschaftlichen Auswirkungen nicht abschätzen. Aber die Krise wird bei unseren Kunden und uns Spuren hinterlassen“, sagte der Unternehmenschef.

Trotzdem sieht sich der E+H-CEO für die Krise gerüstet: Die Firmengruppe ist praktisch frei von Bankschulden – dies trotz weltweiter Investitionen von 231,1 Millionen Euro. In den vergangenen fünf Jahren steckte das Unternehmen mehr als 840 Millionen Euro in neue Gebäude, Anlagen und Ausrüstung. Finanzchef Luc Schultheiss zufolge verfügt Endress+Hauser dank einer umsichtigen Dividendenpolitik und jahrelangem Streben nach kontinuierlicher Verbesserung über ein Liquiditätspolster von fast 800 Millionen Euro. „Dies wird helfen, die aktuelle Wirtschaftssituation gut zu meistern.“

Endress+Hauser sei „aus Krisen immer gestärkt hervorgegangen“, so CEO Altendorf. Die ganze Geschichte zeigt unser Zeitstrahl

Sechs ereignisreiche Jahrzehnte
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Automatisierung wird gebraucht, und das auch in Krisenzeiten: In China statte die E+H-Tochter Analytik Jena ein Notkrankenhaus aus, in Shanghai nutzen Kliniken Analysetechnik von Endress+Hauser China und in der Abwasseraufbereitung in Wuhan kommt die „blaue“ Flüssigkeitsanalysetechnik zum Einsatz.

Geplante Investitionen sollen trotz Corona kommen

„Wir haben stets solide gewirtschaftet und sind als Unternehmen bestens aufgestellt“, so Altendorf. „Wir werden alles tun, um Beschäftigung zu sichern und Endress+Hauser gut durch diese Krise zu bringen.“ Die Gesellschafterfamilie trage diesen Kurs mit und nehme einen Gewinnrückgang in Kauf, sagte Verwaltungsratspräsident Dr. h.c. Klaus Endress. „Wir möchten, dass möglichst alle an Bord sind, wenn der Wind sich dreht und es wieder vorwärts geht.“

Das heißt konkret, festhalten an geplanten Investitionsprojekten und weiter auf Sicht fahren. Als erstes Zeichen dieses Bekenntnis kommen mitten in der Corona-Krise eine Reihe neuer Produkte und Analyse- und Automatisierungslösungen auf den Markt. Passend zur Digitalisierung, IoT und dem Wunsch nach einfachen, aber hochwertigen Messgeräten kommt mit dem Micropilot FWR30 ein drahtloser Füllstandsensor zur Überwachung mobiler Kunststofftanks (IBCs). Das Gerät verbindet sich automatisch per Mobilfunk mit der Netilioncloud des Herstellers und hält so den Füllstand im Tank im Blick.

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Mit dem Prosonicflow G300/500 kommt ein Ultraschall-Durchflussmessgerät für Erdgas und Prozessgase, dass sich einfach um Funktionen zur Gasanalyse erweitern lässt. Für Labor und Prozess erlaubt das Liquilinemobile CML18 Multiparameter-Handmessgerät für die Flüssigkeitsanalyse mit der gleichen Sensorik wie im Prozess. Auch Analytik Jena stellt mit dem Plasmaquant 9100 ein neues Emissions-Spektrometer mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES) mit hochauflösender Optik für maximale Empfindlichkeit und Genauigkeit vor.

Labor und Prozess zusammenbringen, damit setzt Endress+Hauser die eingeschlagene Strategie2020+ fort. Jetzt heiße es Kurs halten und auf die soliden Rücklagen sowie die innovative Stärke des Unternehmens vertrauen. Von Kurzarbeit, Entlassungen oder eingestellten Projekten wollte die Endress+Hauser-Spitze in Basel derzeit nichts wissen.

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